Schweden Teil 1 – Skåne, Öland und Pippi

Nach vier schönen Tagen auf Bornholm brachte uns die Fähre um 6 Uhr weiter nach Schweden, wo wir eine Stunde später in Ystad bei strahlendem Sonnenschein an Land fuhren. Nach einem Einkaufsstopp im Supermarkt starteten wir unsere Schweden-Tour, die uns zuerst an der Küste in Richtung Osten führte. Mit Ales Stenar, zu Deutsch „Die Steine von Ale“, begann unsere Sehenswürdigkeiten-Liste. Die 59 Steine stellen eine Schiffssetzung dar und befinden sich auf einem 37 m hohen Hügel, von dem man einen tollen Blick über die Skane-Küste hat. Nach unserem typischen Camper-Frühstück aus der Caddy-Campingbox machten wir uns auf den Weg. Wegweiser sind dort überflüssig, muss man doch nur all den Menschenmassen folgen, um zu den berühmten Steinen zu gelangen. Verlaufen ist quasi unmöglich. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichten wir die Anhöhe und sahen erstmal – außer Menschen – nichts. Hat man sich dann etwas weiter nach vorn gekämpft, tauchen tatsächlich mehrere Steinblöcke auf. Deutlich kleiner als sie im Reiseführer aussahen, ordentlich ovalförmig aufgereiht. Wenn man etwas Geduld hat, schafft man es sogar, einen Teil der Steine ohne Touris zu fotografieren. Etwas enttäuscht machten wir anschließend noch einen kurzen Spaziergang an der Steilküste entlang und deckten uns für den Abend bei der ortsansässigen Fischräucherei ein.

Weiter ging es an der Küste bis zu dem kleinen Städtchen Simrishamn. Kleine Fischer- und für die Skane-Küste typische Fachwerkhäuser zierten das Ortsbild. Wer glaubt, dass man in Schweden allein unterwegs ist, täuscht. Ferienende der Einheimischen und deutsche Wohnmobil-Touristen ließen die Straßen voll werden. Auch auf den Campingplätzen machte sich das bemerkbar, so fuhren wir dann doch an dem ein oder anderen „Wir sind voll“-Schild vorbei. In dem kleinen Ort Kivik fanden wir am frühen Nachmittag dann doch einen Platz für den Caddy.

Da wir Zeit hatten, beschlossen wir die Gegend noch ein wenig in den Laufschuhen zu erkunden. Schnell war eine Route geplant, die uns schon nach kurzer Zeit mitten in ein Militärgebiet führte. Diverse Schilder warnten uns in Schwedisch vor Panzern und informierten über die Zeiten der Schießübungen. Verstanden haben wir nichts aber durch die Abbildungen wussten wir dennoch, wovor sie uns warnten. Da wir überall Radfahrer und Spaziergänger sahen, in Deutschland übrigens undenkbar, wägten wir uns einigermaßen in Sicherheit. Ein wenig ein mulmiges Gefühl stellte sich dennoch ein, spätestens als wir an einigen vereinsamten und unter Beschuss genommenen Panzern und der „Handgranatsbanan“ vorbei liefen. Inwiefern der Name Bedeutung hatte, testeten wir dann doch lieber nicht.

Am nächsten Tag ging es weiter in Richtung Friseboda und Ahus. Während bei uns das Campen auf nicht extra ausgewiesenen Plätzen verboten ist und man sich höchstens mal heimlich auf einem nicht so offensichtlich gelegenen Parkplatz zu übernachten traut, sehen die Schweden das etwas anders. Campen auf dem Parkplatz scheint verboten, man soll sich dann doch lieber im Naturschutzgebiet niederlassen.

Beim Stopp in Ahus sahen wir uns bei einem Spaziergang den Hafen und die Altstadt an.

Als eigentliches Tagesziel hatten wir uns für diesen Tag das Seengebiet bei Bromölla vorgenommen. Da wir uns eine schöne Tour um den See Ivösjön ausmalten, ließen wir das Auto stehen und erhofften uns auf dem mit Rad viele Ausblicks-Möglichkeiten auf den See. Schnell stellten wir fest, dass man die schönen Seiten wohl nur zu Wasser und nicht zu Land erreichen kann. Nachdem wir ab der Hälfte der Strecke auch noch mit recht starkem Gegenwind zu kämpfen hatten, waren wir dann doch froh, als wir wieder am Auto waren. Während Karina das Waschbecken der Parkplatztoilette zum frisch machen wählte, bevorzugte ich den glasklaren und sauberen See, einige Treppenstufen weiter unten, was eindeutig die bessere Wahl war. Überraschenderweise war das Wasser echt angenehm. Anders als in deutschen Gewässern fühlte ich mich danach tatsächlich sauber und verströmte auch nicht den typisch fischigen Geruch.

Die Campingplätze in der Umgebung sprachen uns in dieser Gegend alle nicht sonderlich an, sodass wir beschlossen, in der Nacht irgendwo frei zu stehen. Doch ähnlich wie auf Bornholm, stehen auch in Schweden an den schönen Plätzen überall „camping förbjuden“-Schilder. Am Ende fanden wir dann doch noch einen kleinen Badeplatz im Wald, in der Nähe von Sandviken. Meerblick hatten wir zwar keinen aber immerhin fühlten wir uns hier einigermaßen unauffällig und der Fußweg zum Wasser war kaum erwähnenswert.

Karina startete täglich 5 Uhr ihren Erkundungslauf in der jeweiligen Gegend, in der wir uns befanden. Da diesmal keine Campingplatzdusche zur Verfügung stand, musste auch sie nun mit dem Meer vorlieb nehmen. Anders als bei meinem Bad im See, lag an dem Badeplatz der beißende Geruch von verrottetem Seegras in der Luft. Dass Karina sich nach ihrem Bad genau so frisch fühlte, wie ich am Vortag, bezweifle ich immer noch.

Den Tag verbrachten wir erst einmal im Auto. Jede Ortschaft konnten wir dann doch nicht anschauen, wenn wir es in den verbleibenden 2 Wochen noch bis an die Westküste schaffen wollten. Wer schon einmal in Schweden war, weiß, dass man spätestens beim Autofahren den Gedanken ans Auswandern hegt. Wer es sich in Deutschland erlaubt, an Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten, wird entweder angehupt oder mit Lichthupe zum schneller fahren genötigt. Ich gehöre ja bekanntlich zu den gemütlicheren Autofahrern und reize die Geschwindigkeitsbegrenzungen eher selten aus. Aggressive und genervte schwedische Autofahrer? Fehlanzeige. Die Autos hinter uns passten sich unserer Geschwindigkeit an und fuhren mit ausreichend Abstand hinterher. Ein Traum.

In Sandhamn fanden wir einen schönen Stellplatz inmitten eines kleinen Gästehafens. Die Hafenmeister verdienen sich durch das Vermieten der Stellplätze eine Kleinigkeit neben ihren Schiffsanlegeplätzen dazu, entsprechend günstig sind diese Übernachtungsmöglichkeiten. Da für den nächsten Tag Regen angesagt war, wollten wir zumindest noch ein wenig dieser Gegend sehen. Nach einer kurzen Crosserrunde über die Landzunge gönnten wir uns im kleinen Hafen von Torhamn eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen.

Anders als bei uns sind die Häuschen in Schweden oftmals sehr weit voneinander entfernt. Briefträger hätten es da schon schwer, wenn sie jedes Haus einzeln beliefern müssten. Um das zu umgehen, befestigen die Schweden ihre Briefkästen alle an einem zentralen Ort an der Straße, wodurch solch schöne Briefkasten-Reihen entstehen. Hin und wieder findet man in diesen Reihen auch sehr schön angemalte Exemplare.

Der nächste Morgen startete tatsächlich mit dem angekündigten Regen und so fuhren wir weiter bis nach Kalmar – das Tor zur Insel Öland. Die historisch wichtigsten Stadtteile sind die Gamla stan beim alten Schloss und das im 17. Jahrhundert neu errichtet Zentrum auf der Insel Kvarnholmen. Das Innere des Schlosses ließen wir aus, da uns der Eintrittspreis von 20 Euro dann doch etwas abschreckte. Da es wieder zu regnen begann, zogen wir den Besuch eines echten schwedischen Ikeas vor. Aber Ikea ist Ikea – kaum anders als die deutschen schwedischen Einrichtungshäuser.

Öland ist die zweitgrößte Insel Schwedens und stand als nächstes auf unserer Liste. Die 137 km lange und höchstens 16 km breite Insel ist über die Ölandbrücke mit Kalmar verbunden. Schon nach wenigen Kilometern tauchen links und rechts am Straßenrand die für Öland charakteristischen Windmühlen auf. Im 19. Jahrhundert war eine Mühle für die Inselbewohner ein bäuerliches Statussymbol, entsprechend viele gibt es auf der Insel.

Da der steppenartige Süden der Insel zum UNESCO-Welterbe gehört, war das unserer Ziel für die nächsten 2 Tage. Vielleicht sollten wir uns beim nächsten Mal nicht vom Begriff „UNESCO Welterbe“ blenden lassen. Wenn im Reiseführer steht, „steppenartig“, dann ist es auch „steppenartig“ – und das heißt: eintönig und trist. Wollten wir hier tatsächlich am nächsten Tag 100 km Rad fahren? Zum Glück waren wir uns einig und so setzten wir unsere Fahrt kurzerhand in die andere Richtung der Insel fort. Campingplätze gibt es auf Öland zahlreich, wir erwischten in Köpingsvik leider ein recht großen, was man für zwei Nächte aber schon mal aushält.

Von Köping ging es zunächst mit dem Wind nach Norden bis wir bei Binnerbäck von der Ost- an die Westküste wechselten. Immer wieder kreuzten oder nutzten wir den Ölandsleden, ein Radweg um die Insel, der leider nie richtig fertig wurde. Während es auf der Ostseite keine Straße direkt an der Küste gab, konnten wir nun auf feinstem Gravel ständig am Meer entlang radeln. Leider blies der Wind jetzt ständig von vorne und da es hier keinerlei Bäume gab, zehrte das schon an den Körnern.

Michl, Pippi Langstrumpf, die Kinder von Bullerbü – wer kennt sie nicht. Wenn man Schweden besucht, gehören die Schauplätze der verschiedenen Serien auf dem Pflichtprogramm. So auch bei uns. Also ging es am nächsten Tag wieder aufs Festland um die Küstenregion zu verlassen und das weniger besiedelte Landesinnere zu erkunden. Unsere Astrid Lindgren-Tour führte uns zuerst nach Lönneberga – eine kleine Ortschaft, südlich von Vimmerby. Die wenigen, typisch schwedischen Holzhäuser, riefen sofort Erinnerungen an den frechen, kleinen Jungen hervor. Als Beweis für die daheim Gebliebenen schnell ein Foto vor dem Ortschild, bevor wir weiter nach Sevedstorp fuhren. Der kleine Ort, wenn man es überhaupt so nennen darf, besteht lediglich aus 5-6 Häusern. Drei von ihnen waren der Schauplatz der Kinder von Bullerbü. Da wir beide die Serie als Kind nicht geschaut hatten, wollten wir eigentlich nur ein schnelles Foto machen. Doch die Einheimischen nutzen die Berühmtheit ihrer Häuser natürlich als nette Einnahmequelle. Eintritt wird zwar keiner verlangt, aber der Parkplatz darf für 5€ genutzt werden. Da die Häuser bewohnt sind und man alles nur von außen anschauen darf, reichte uns ein kurzer Blick beim Vorbeifahren.

Der nächste Astrid-Lindgren-Stop war in Gibberyd. Ähnlich wie in Sevedstorp, kann man auch hier den Schauplatz nicht verfehlen. Gleich am Ortseingang von Gibberyd erneut ein großer Parkplatz, der diesmal kostenlos war. Ein kurzer Fußmarsch, vorbei an einem der vielen Loppis und wir standen vor dem großen Holztor mit Kassenhäuschen, das den Eingang zum Katthult markierte. Wäre die Serie noch frisch im Kopf, wären wir wahrscheinlich rein gegangen, aber so begnügten wir uns mit einem Schnappschuss vom Haus und dem Stall. Die Anzahl der Menschen schreckte uns auch ein wenig ab.

Apropos Loppis. Überall am Straßenrand tauchen in regelmäßigen Abständen solche Schilder auf. Das Wort steht für „loppmarknad“ und bedeutet so viel wie „Flohmarkt“. Doch anders als bei uns, verbergen sich dahinter keine 25 aufgereihte Tische, an dem jeder an einem bestimmten Tag, an einem vorgegebenen Ort seinen Plunder verkaufen kann, sondern einzelne Privatpersonen, die ihre Sachen auf dem eigenen Grundstück verkaufen. Bei vielen Sachen dachten wir uns nur, das würde bei uns höchstwahrscheinlich im Müll landen. Bezahlt wird auf Vertrauensbasis per Swish – ein bargeldloses Handy-Bezahlsystem in Schweden. Für Urlauber leider schwierig, da man für die Nutzung ein schwedisches Bankkonto besitzen muss. Zum Glück haben die angebotenen Sachen meist nicht unseren Geschmack getroffen haben, somit sind wir gut ohne schwedisches Bankkonto und Swish durch den Urlaub gekommen.

Bevor wir uns auf die Suche nach einem Stellplatz für die Nacht machten, legten wir noch einen kurzen Zwischenstopp in Eksjö ein. Ein laut Reiseführer recht unspektakulärer Ort, was wir allerdings nicht bestätigen können. Überall die bunten schwedischen Häuschen, eins schöner als das Andere. Das besondere an diesem Ort sind die aufwendig hergestellt und verzierten Haustüren, wodurch kein Eingangsbereich dem anderen gleicht.

Für die Nacht wollten wir eigentlich irgendwo frei an einem See stehen, was sich jedoch wieder als sehr schwierig gestaltete. Schöne Plätze fanden wir viele, aber auch mindestens genauso viele „camping förbjuden“-Schilder. Irgendwann resignierten wir und steuerten einen einfachen Stellplatz in Ydre am Lilla Sundsdjön an. Auf diesen einfachen Plätzen gibt es keinen Strom und meist nur eine kleine Wasch- und Toilettenhütte. Dafür zahlt man hier nicht mehr als 5-10 Euro für die Nacht. Das Geld wirft man ganz im Vertrauen in einen kleinen Briefkasten an der Infotafel. Die vergangenen Nächte waren überraschenderweise nie wirklich kalt, unter 15 Grad fiel das Thermometer in der Regel nicht – außer in dieser Nacht.

Am Morgen sagte die Wetter-App nur 10 Grad an. Karina startete mit Sonnenaufgang trotzdem wieder ihre alltägliche Laufrunde, die sich an diesem Morgen allerdings gelohnt hat. Da in dieser Gegend in den Morgenstunden kaum Verkehr unterwegs ist, trauen sich auch die Elche zu dieser Zeit aus ihrem Versteck. So auch auf ihrer Laufstrecke. Leider war er für ein Foto zu weit weg und zu schnell war das scheue Tier wieder im Wald verschwunden. Eine bleibende Erinnerung hat die Elchbegegnung dennoch hinterlassen.

Der nächste Tag führte uns nach Linköping, der siebtgrößten Stadt in Schweden. Während das Zentrum wenig sehenswert ist, eben typisch Universitäts- und Industriestadt, lohnt sich der Besuch des Freilichtmuseums Gamla Linköping umso mehr. Es ist wie eine eigene kleine Stadt aufgebaut und besteht aus mehr als 90 Häusern, die teilweise schon über 250 Jahre alt sind.

Einige der Häuser sind bewohnt, in anderen haben sich Handwerker niedergelassen, die dort ihre Produkte verkaufen. In manchen Häusern erhält man einen Einblick in das frühere Leben der Schweden. Auch eine eigene Apotheke, eine Feuerwehr, eine Post sowie verschiedene Cafes gibt es in der beeindruckenden Altstadt. Würden sich die Deutschen auch hier wieder ein Beispiel nehmen, könnten zahlreiche Museen mit viel mehr Leben gefüllt werden.

Eine lustige Überraschung erlebte ich im Druckereimuseum. Dort war eine Heidelberger Tiegel ausgestellt, die in meiner Arbeit noch regulär im Betrieb ist. Diese Tiegeldruckpresse wurde von 1921 bis 1985 fast unverändert gebaut. Bei uns verrichtet sie für eine Spezialanwendung nach wie vor zuverlässig ihren Dienst.

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