Schweden Teil 2 – Göta-Kanal und Westküste
Das ist Teil 2 unseres Schweden-Trips in 2021. Zu Teil 1 geht es hier.
Für uns ging es nun weiter zum Göta-Kanal. Die insgesamt 190 km lange Wasserstraße verbindet den Ort Mem an der Ostsee mit Sjötrop am Vänersee. Der Höhenunterschied von 92 m wird durch 58 Schleusen ausgeglichen. Möchte man sich dieses Spektakel ansehen, dann tut man das am besten an der Schleusentreppe in Berg.
In Borensberg fanden wir den wohl schönsten Stellplatz des ganzen Urlaubs. Wie es bei uns Jugendherbergen gibt, gibt es in Schweden so genannte Wanderheime, die meist auch einige Stellplätze für Wohnmobile anbieten. Mit Sonnenschein und einem tollen Blick auf den Göta-Kanal schmeckte der Kaffee gleich doppelt so gut.
Wer allerdings glaubt, zahlreiche Segelboote und das bekannte Kanalschiff Juno gemütlich vorbei schippern zu sehen, der täuscht. Entweder ist allgemein nicht viel Verkehr auf dem Kanal oder die Corona-Situation schreckt viele Bootsausflügler ab.
Folgt man dem Kanal weiter in westliche Richtung, mündet er bei Motala in den Vättern. Wir landeten am nächsten Tag auf der anderen Seeseite in Karlsborg. Ein Campingplatz war schnell gefunden und wieder einmal wurden wir darin bestätigt, dass die größten und teuersten Plätze nicht die schönsten sind. Zwar fanden wir am Rand einen etwas abgelegenen Stellplatz am Wasser, auf dem wir nicht von all den eng an eng stehenden Wohnmobilen eingeschlossen waren, aber dadurch war der Weg zum Waschhaus natürlich sehr weit.
Für den Nachmittag schnappten wir uns die Räder um einen Teil des Viken abzufahren. Zwar sind die ruhigen, geschotterten Nebenstraßen durch die Wälder fürs Graveln ein Traum, im Hinblick auf schöne Uferwege wurden wir leider erneut enttäuscht. Lediglich bei Brosundet konnten wir bei der Überquerung des Viken einen Blick auf den See erhaschen. Vielleicht sollten wir doch einen Tag das Auto, bzw. das Rad gegen ein Kanu tauschen.
Weiter ging es am Göta-Kanal bis zur Schleuse in Hajstorp. Erneut nutzen wir die Stellplätze mit Kanalblick des dortigen Wanderheims.
Da zum zweiten Mal in diesem Urlaub für den späteren Nachmittag Regen angesagt war, nutzen wir die trockenen Stunden noch für eine Radtour, am Kanal entlang bis nach Tatorp. Sonderbar sind die Schweden ja schon. Nicht nur das Toilettenschild, auch die Plumpsklos brachten uns zum Grübeln. Aber wahrscheinlich verrichten sie ihre Geschäfte einfach nur gern in Gesellschaft.
In Töreboda fuhren wir an der kleinsten Fähre Schwedens vorbei. Die „Lina“ bringt Fußgänger und Radfahrer in 20-25 Sekunden auf die andere Seite des Kanals. Der Kapitän zieht die Fähre per Hand, mit einem Seil über den Göta-Kanal. Wer möchte, kann das auch selbst einmal probieren.
Mit dem angekündigten Dauerregen brachen wir am nächsten Tag in Richtung Westküste auf. Das Wetter passte uns gut, so waren die 3 Stunden im Auto erträglich. Ganz anders als in Südschweden, ist der Westen durch seine felsigen Schären geprägt. Circa 25 km südlich der Grenze zu Norwegen befindet sich der Ort Fjällbacka, welches eine der sehenswertesten Ortschaften in Schweden ist. Mal abgesehen von all den Touristen ist Fjällbacka tatsächlich so, wie wir uns es vorgestellt haben. Überall bunte Holzhäuser, ein kleiner Hafen, kleine Läden und im Hintergrund die Schären. Ein Traum – wäre nicht ausgerechnet an diesem Tag ein böiger Sturm aufgezogen.
Gleich hinter den Häusern im Ortskern erheben sich die steilen Wände des Vetteberg, mit seiner Kungsklyfta – eine kleine Schlucht, in der verschiedene Teile von Ronja Räubertochter gedreht wurden. Den Ausblick vom Vetteberg sollte man sich nicht entgehen lassen. Von oben hat man einen tollen Blick über die Stadt und die Bucht mit ihren Schären.
Der wohl bekannteste Ort an der Westküste ist Smögen, mit seinen bunten Holzschuppen – ein mittlerweile sehr beliebtes Kalendermotiv. Ein Campingplatz war schnell gefunden, doch leider ließ der Wind nicht mal ansatzweise nach. Dadurch wurde der vermeintlich wunderschön gelegene Stellplatz auf einem Felsen eher zu einer Challenge – in allen Bereichen. Wo trocknet man nach dem Duschen das Handtuch ohne das es eine Stunde später in der nächsten Bucht schwimmt? Wie beschwert man Tisch und Stühle, so dass sie nicht über den gesamten Campingplatz geweht werden? Wie positioniert man das Auto, dass man zumindest ansatzweise die Chance hat, den Kocher zum Brennen zu bringen? Während Karina sich auf den Weg zur Dusche machte, wollte ich das Auto um 180° drehen, damit der Kocher im Windschatten vom Auto stand – die wohl schlechteste Idee der gesamten drei Wochen. Nicht nur, dass das Wenden rein gar nichts brachte, am Ende stand ich mit der Vorderachse auf einem halbierten blauen Plastikfass, welches als Blumentopf umfunktioniert und bepflanzt wurde. Beim Wenden befand sich das Fass in einem Winkel, den ich vom Fahrersitz aus nicht einsehen konnte. Durch die laute Geräuschkulisse des Windes habe ich auch nicht gehört, als ich über das Fass gefahren bin. Am Ende ging es weder vor noch zurück. Da ich von Haus aus kein Ersatzrad dabei habe, lag auch kein Wagenheber im Caddy. Also was nun? Zum Glück ist man auf einem Campingplatz nie allein. Ein netter Nachbar mit einem Wagenheber war schnell gefunden und durch seine tatkräftige Unterstützung der Caddy auch schnell aus seiner misslichen Lage befreit. Ein kurzer Blick unters Auto – keine auslaufende Flüssigkeit, keine sichtbaren Schäden. Da hatten wir wohl nochmal Glück.
Nachdem wir uns von dem kurzen Schreck erholt hatten, wagten wir mit den Rädern die Fahrt in das 3 Kilometer entfernte Smögen. Dass das bei Windgeschwindigkeiten um die 80 km/h kein Spaß werden würde, war uns klar. Ein kleiner Trost – auf dem Rückweg geht’s dafür von allein. Irgendwie erreichten wir dann tatsächlich die kleine Insel, die im Skagerrak liegt und mit einer 500 m langen Brücke mit Kungshamn verbunden ist. Der erste Eindruck ist eher ernüchternd. Überall Geschäfte und Touristen. Nicht mal ein Foto war uns die Shoppingmeile wert, obwohl die auf Stelzen erbauten Fischer- und Speicherhäuser zu ruhigeren Tageszeiten mit Sicherheit ein schönes Motiv ergeben hätten. Folgt man der Promenade nach Westen, erreicht man schon nach kurzer Zeit die typisch bunten Bootsschuppen. Erstaunlicherweise waren wir hier, bis auf wenige Spaziergänger, fast allein. Die kitschigen Klamottenläden ziehen dann wohl doch mehr Urlauber an, als das „Wahrzeichen“ des Ortes. Aber gut, traurig waren wir darüber natürlich nicht, denn so konnten wir wenigstens ungestört fotografieren, ohne dass ständig jemand durchs Bild läuft.
Der starke Wind ließ auch in der Nacht nicht nach. An entspannt schlafen war da eher nicht zu denken und immer wieder fragte ich mich, bei welcher Geschwindigkeit so ein Caddy nicht mehr standhalten kann. Gern hätten wir die Gegend noch ein wenig mehr erkundet, doch an Radfahren war nicht zu denken und so zogen wir weiter. Am Göta-Kanal haben wir von einem Pärchen den Tipp bekommen, Lysekill anzuschauen. Nach den ersten fünf Kilometer ein kurzer Ton, dann leuchtete eine Warnlampe im Armaturenbrett auf. Während Karina die Ursache gleich auf mein Malheur am Vortag schob, war für mich klar, dass es sich einfach nur um einen Zufall handelt. Um nicht noch mehr kaputt zu machen, schauten wir kurz im Handbuch nach der Bedeutung. Partikelfilterreinigung. Ich erinnerte mich dran, dass mein Werkstattfreund mich vor einiger Zeit darauf hingewiesen hat, dass der Partikelfilter in absehbarer Zeit gewechselt werden muss. Also doch nur Zufall und keine Nachwehen vom Blumentopf.
Nach einem Frühstück mit Blick auf den Hafen von Lysekill spazierten wir durch das Zentrum und schon nach kurzer Zeit fragten wir uns, ob wir im falschen Lysekill waren. Weder ein besonders schöner Ortskern noch der Hafen machten die Ortschaft zu etwas Besonderem.
Mit der kostenlosen Autofähre ging es im Anschluss auf die Insel Orust. Nach Götland und Öland ist sie die drittgrößte Insel Schwedens. Auf einem sehr schön gelegenen Campingplatz in Stocken fanden wir einen ruhigen Stellplatz, mit Blick auf die Schären. Lediglich ein ganzer Schwarm Wildgänse besuchte uns mehrmals am Tag. Anscheinend stand unser Caddy genau auf ihrem Kackplatz. In dieser Gegend wollten wir endlich unser Kanu-Vorhaben in die Tat umsetzen. Mit einem Verleih direkt vor Ort schien unser Plan auch zu funktionieren – wäre da nicht der immer noch recht starke Wind. Der Vermieter riet uns letztendlich davon ab und so entschieden wir uns fürs Laufen. Nicht weit entfernt erreichten wir Hälleviksstrand – ein kleiner beschaulicher Ort, mit vielen schönen Schwedenhäuschen.
Am Ende des Tages wurden wir noch mit einem wunderschönen Sonnenuntergang belohnt.
Da der Tag mit Regen startete, gab es Frühstück im Auto. Hier werden wohl für die Zukunft noch ein paar Änderungen am Setup vom Caddy nötig werden. Wir entschieden uns, wieder ins Landesinnere zu fahren, um im Store Mosse Nationalpark wandern zu gehen. Bis zur Ankunft sollte der Regen aufgehört haben. Meist fuhren wir weniger als 100 Kilometer am Stück, wodurch die Partikelfilter-Warnlampe einfach nur leuchtete und nie Probleme bereitete. Anders an diesem Tag. Nach etwas mehr als einer Stunde schaltete der Caddy plötzlich in den Notbetrieb und riegelte bei 70 km/h ab. Google spuckte die nächste Werkstatt in mehr als 60 Kilometer Entfernung aus. Schaffen wir das? Uns blieb nichts anders übrig, als es zu probieren. Das Ausschalten des Motors hat anscheinend geholfen und so konnten wir erstmal wieder normal weiterfahren. In der Werkstatt dann die große Ernüchterung – keiner hatte Zeit für uns. Da es bis zum Nationalpark nicht mehr weit war, fuhren wir erstmal weiter, was zum Glück auch gut funktionierte.
Store Mosse wurde 1982 errichtet und ist das größte Moorgebiet im gesamten Südschweden. Im großen Informationszentrum am Eingang, kann dem man sich über die Tier- und Pflanzenarten im Nationalpark informieren. Vom dort aus geht es auf Wanderwegen mit mehr als 40 Kilometern durch die Wälder, Hochmoore und um die Seen. Immer wieder gibt es Vogelbeobachtungstürme, von denen man sich neu orientieren kann.
Etwas östlich von Bredaryd fanden wir wieder einen sehr schönen Badeplatz, an dem wir für die Nacht frei stehen und am nächsten Tag in Richtung Ullared starten konnten.
Gekås – das größte Kaufhaus der Welt. Das 1963 errichtete Warenhaus befindet sich in Ullared – einem gerade mal 800 Seelendorf. Wer es nicht selbst gesehen hat, kann es sich nicht vorstellen. Bis zu 30.000 Besucher strömen täglich durch die Gänge um sich am Ende an einer der 82 Kassen anzustellen. Die längste jemals gemessene Schlange an der Kasse betrug 1,4 Kilometer. Nicht umsonst bekommt man den Tipp, viel Zeit und gute Laune mitzubringen. Da es den ganzen Tag regnen sollte, fühlten wir uns dort gut aufgehoben. Im Grunde genommen ist es ein deutscher Real, nur 10x so groß. Trotz der großen Anzahl an Besuchern, trug auch hier niemand eine Corona-Maske. So macht das Shoppen natürlich schon deutlich mehr Spaß, als bei uns. Nach fünf Stunden hatten wir genug und verließen mit einem recht vollen Einkaufswagen das Gebäude, wobei wir doch eigentlich gar nicht viel kaufen wollten.
In einem Sportladen, einige Kilometer weiter, fand ich dann endlich auch etwas Passendes für mich. Da ich mich allerdings nicht zwischen Flamingo-Jacke und Ententrikot entscheiden konnte, ließ ich die Sachen – zur großen Erleichterung von Karina – dann doch lieber wo sie waren.
Nach einer Nacht in der Nähe von Varberg an der Küste wollten wir weiter nach Unnaryd – einer kleinen Ortschaft am Bolmensee im Landesinneren. Von meinem Mechaniker zu Hause hatte ich den Tipp bekommen, unbedingt regelmäßig den Ölstand zu kontrollieren. Bei jeder Reinigung des Partikelfilters wird nämlich etwas Diesel in den Ölkreislauf abgeschieden. Und wenn der Ölstand zu hoch wird, besteht bekanntlich Gefahr für den Motor. Der Messstab zeigte am Morgen leider schon 5 mm über Maximum, also Zeit, etwas zu unternehmen. Nachdem wir drei VW-Werkstätten abgeklappert hatten und überall keine Audienz bekamen, wurde uns bei Speedy Bil Service in Falkenberg schnell und unbürokratisch geholfen. Schlauch rein und einen Liter abgepumpt. Nach 5 Minuten waren wir wieder weg und mussten noch nichtmal etwas bezahlen. Daumen hoch!
Auf einem wunderschön und ruhig gelegenen Campingplatz Vallsnäs am Unnen bei Unnaryd nahmen wir uns noch einmal vor, ein Kanu zu mieten. Anscheinend war uns das nicht vergönnt, denn für uns unerfahrene Kanuten war der Wind leider wieder zu stark.
Da sich unser Urlaub dem Ende neigte, schauten wir uns auf dem Rückweg noch die Studentenstadt Lund und die Hafenstadt Ystad an. Zahlreiche Cafes und alte Backsteingebäude zieren die Zentren der Städte. Mit dem Rad machten wir noch eine größere Tour in die Umgebung und ans Meer.
Anhand des stark zugenommenen Verkehrs und der vielen Menschen in beiden Städten merkten wir dann doch recht schnell, dass wir wieder im Süden angekommen waren und am nächsten Tag die Heimreise antreten müssen.
Fazit: Das war mein dritter Urlaub in einem nordischen Land und ich bin mir sicher, nirgends kommt man so gut runter, wie in Skandinavien. Alles geht gemütlicher zu und die Menschen sind weniger gehetzt. Einw enig überrascht waren wir, dass wir immer relativ lange suchen mussten, wenn wir ein schönes Plätzchen außerhalb eines Campingplatzes wollten. Das ist noch weiter nördlich wesentlich einfacher. Der Göta-Kanal hat uns schier begeistert, die “muss man gesehen haben” oft eher weniger. Und während Deutschland zwecks Corona fast durchdrehte, bekam man in Schweden kaum etwas davon mit. Schon allein das hätte den Urlaub lohnenswert gemacht. Wir kommen auf jeden Fall wieder.
PS: Am Caddy war dann doch mehr defekt. Neben dem Partikelfilter, der wahrscheinlich vorher schon voll war, brach der sogenannte Schloßträger, wo Wasser-, Öl- und Ladeluftkühler befestigt sind. Zudem war der Ladeluftküher selbst gerissen, was letztendlich zu den vielen Fehlermeldungen führte, da die Luftmengen vor und nach der Verbrennung nicht mehr zusammenpassten.