Bericht: Überschreitung Piz Palü (3900 m)

Nach der Überschreitung des Piz Bernina via Binacograt kamen wir nachmittags reichlich erschöpft am Refugio Marco e Rosa auf 3610 Meter an. Aufgrund des traumhaften Wetters hielten sich fast alle Gäste im Freien auf, war es doch im Refugio deutlich kälter als im Blockgelände vor der Hütte. Viele Gesichter kannten wir bereits, denn fast alle anderen Alpinisten kamen ja ebenfalls über den Biancograt. Die Hütte selbst ist sehr neu, Wasser ist allerdings in dieser Höhe Mangelware und folglich die Toiletten nur edelstahlverkleidete Löcher im Boden. Das Abendessen verlief relativ chaotisch und zog sich über zwei Stunden hin. Bezahlung und Teewasser gab es erst am morgen nach dem Frühstück, eine entsprechende Wartezeit also logisch. Überhaupt lag organisatorisch und abrechnungstechnisch Einiges im Argen. So fand sich eine Flasche Wein auf der Rechnung, die wir nie bestellt hatten. Immerhin war die Reklamation problemlos. Dass drei mal fünf Euro in Italien scheinbar 20 Euro ausmacht, merkten wir leider zu spät.

Nach einer unruhigen Nacht (auf 3600 Meter schläft es sich auf Anhieb nicht so toll) starteten wir also um 5:45 Uhr mit einem großen Pulk. Von der Hütte ging es gleich auf den Gletscher. Wir traversierten durch ein paar Gletscherbrüche unterhalb der Bellavista-Gipfel hinauf zur Fuorcla Bellavista. Nun folgte eine leichte aber teilweise ausgesetzte Felskletterei im II. Schwierigkeitsgrad hinauf auf den Piz Spinas, dem eisfreien Westgipfel des Piz Palü. Auf dem Weg sollte man sich unbedingt immer wieder Zeit nehmen und die wunderbare Aussicht genießen. Nach dem Gipfel des Piz Spinas folgte ein kleiner Abstieg und dann der Übergang zurück in Firn. Ab hier hieß es wieder Steigeisen an und am Seil durch das spaltige Gelände bis hinauf zum Hauptgipfel des Piz Palü auf 3900 Meter.

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Dort hielten wir uns nicht lange auf. Trotz des strahlend blauen Himmels und der kräftigen Sonne wurde es durch den böigen Wind doch schnell frisch. Während der obligatorischen Fotos trafen wir erneut auf einen der diesjährigen Anwärter zum Darwin-Award, einem Deutschen, dessen Hochtourenausrüstung nur aus Steigeisen und Pickel bestand. Bereits am Tag zuvor war er uns aufgefallen, als er oberkörperfrei über den Gletscher zur Hütte kam. Auch heute war er ohne Klettergurt und Seil unterwegs. Aus seinen Erzählung erfuhren wir auch sehr schnell, dass er nicht über alpine Erfahrung verfügte. Passiert ist ihm dann aber nichts, da ein italienischer Bergführer später Erbarmen mit ihm hatte und ihn am Rucksack ins Seil einband.

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Nun folgte die Querung über einen schmalen Firngrat hinüber zum Ostgipfel. Ein weiterer Firngrat mit rund 40 Grad Neigung stellte den Abstieg hinunter zum Sattel dar. Auf diesem Sattel befindet sich im Winter auch das Skidepot. Hier war nun Gelegenheit für eine ordentliche Brotzeit, in der wir auch gleich unser Seil wieder anlegten. Nun ging es eine ganze Weile an riesigen Spalten vorbei und auch über teils schmale Brücken darüber hinweg. Danach folgte ein größerer Firnhang, bevor der Gletscher nochmal seine ganze Bizarrheit unter Beweis stellte und uns durch das Labyrinth seiner haushohen Brüche schickte. Am Fuße des Piz Cambrena packten wir das Seil weg und überquerten die letzten Meter des hier aperen Pers-Gletschers. Jetzt konnten auch endlich die Steigeisen weggepackt werden und ein letzter kleiner Aufstieg auf den Sattel zwischen Piz Arlas und Piz Trovat folgte.

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Den Piz Trovat umgingen wir dann östlich und erste Turnschuhtouristen kündigten die Bergstation der Diavolezza an, wo es als Belohnung für die genau sechstündige Schinderei ein eiskaltes Bier gab. Von der Terrasse der Diavolezza hatten wir nochmal einen Blick auf die komplette Tour und fertigten natürlich ein entsprechendes Panoramafoto an.

Panorama Diavolezza

Dass wir für den weiteren Abstieg die Bahn nehmen würden, hatten wir von Anfang an geplant. Die Kosten dafür hielten sich in einem erfreulich knappen Rahmen – 14 Franken wenn ich mich recht erinnere. Mit dem Zug fuhren wir dann zurück nach Morteratsch, was acht Franken kostete. Der Zug fährt jede Stunde um 30 min nach. Übrigens sind die Parkplätze an der Diavolezza kostenlos. Es empfiehlt sich also, vor der Tour das Auto hier abzustellen und mit dem Zug nach Morteratsch zum Tourstart zu fahren. In Morteratsch zahlt man nämlich 8 Franken pro Tag fürs parken.

4 Kommentare zu “Bericht: Überschreitung Piz Palü (3900 m)

  1. Bernd

    Wow, was für ein schöner Beitrag. Interessant beschrieben, mit tollen Fotos und ansprechendem Layout! Ich bekomme direkt Lust den Piz Palü sofort selber zu überschreiten.

    Danke für diesen schönen privaten Blog :-). Hier schaue ich öfter mal rein!

  2. Cindy

    Tom, cooler Beitrag, die Bilder machen auch Lust sofort loszustapfen. Der Typ ist ja der Kracher, so ne Tour ohne viel Kenntnisse…. Unglaublich. LG, Cindy

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