Bericht: Ultratrail Lamer Winkel
Manchmal fährt man zu Veranstaltungen, steigt aus dem Auto aus und man merkt nach ein paar Minuten schon, hier passt es. Von der Startnummernausgabe bis zur Siegerehrung spürte man diese Herzlichkeit, die dieses Wochenende wohl für alle Teilnehmer zum besonderen Ereignis machte.
Waren Startnummernausgabe und Nudelparty noch relativ unspektakulär, so machten die Bürgermeister der drei beteiligten Gemeinden die Wettkampfbesprechung dann zum lustigen Event. Zwar befanden wir uns noch in der Oberpfalz, aber irgendwie kamen wir uns dann doch kurzzeitig vor wie in Fredl Fesls “niederbayrischen Heimat Niederbayern”. An den Nachbartischen gab es dann durchaus auch das eine oder andere Dialektproblem.
Am Morgen dann eine kurze Proformakontrolle der Pflichtausrüstung und pünktlich um acht wurde per Böllerschuß das Rennen eröffnet und die Blasmusik legte los. Irgendwie kam aber keiner so richtig in die Gänge. Die Herren in Lederhose marschierten nämlich zum Takt ihrer Musik voraus. Ach, daher gabs vorher was von wegen neutralisiertem Start zu lesen. Nach ein paar Metern ging den Musikanten dann aber die Luft aus und sie räumten die Strecke. Jetzt unter dem Applaus der Zuschauer noch eine Runde um den kleinen Badesee und das Feld konnte sich auf den folgenden zwei Wiesenkilometern warmlaufen. Eine Unterführung, eine Straße nach links, eine Straße nach rechts. Wo läuft der Trailläufer? Natürlich gerade aus ins Unterholz und der Spaß begann.
Das Feld hatte sich nun einsortiert und die nächsten Kilometer gaben einen ersten Vorgeschmack, was uns heute noch so erwarten sollte. Die erste Verpflegung in Eck passierten wir genau nach einer Stunde und somit waren wir genauso schnell wie beim Trainingslauf. Und auch vereinsintern das übliche Bild. Wolfgang mit flottem Start voraus, ich dahinter, gefolgt von Roland und Christian.
Flaschen gefüllt und weiter ging es hinauf zu Mühlriegel und Schwarzeck. Auf dem Weg zum Heugstatt stolperte ich dann und wie ich den eigentlich zwangsläufigen Sturz vermeiden konnte, ist mir jetzt noch ein Rätsel. Dafür schoss es mir mal wieder in die Lendenwirbel und ich musste eine kurze Pause einlegen. Kurze Zeit später überholte mich dann Roland mit einem blutenden Unterschenkel. Er konnte seinen Sturz nicht vermeiden, lief aber trotzdem sein Tempo weiter.
War der Himmel beim Start noch aufgelockert, so sollte der Wetterbericht nun doch Recht behalten. Es zog sich immer mehr zu und ich spürte kalte Tropfen auf der Haut. Eigentlich kenne ich diesen Streckenteil von zahlreichen Wanderungen recht gut, doch heute kam ich mir vor wie in den schottischen Highlands und Meldeläufers Fotos vom Spine Race flogen an den Augen vorbei. Dann Streckenposten mit der beruhigenden Nachricht, dass wir schon am Kleinen Arber und nicht erst am Enzian wären. Hinunter zur Chamer Hütte und vorbei an deren Brunnen, den ich vor vier Wochen noch gerne in Anspruch nahm. Vor dem Großen Arber dann das ersehnte Flachstück, bevor es auf der Fahrstraße im flotten Marsch nach oben ging.
Der Wind frischte auf, je höher wir kamen und trieb uns den Regen unangenehm ins Gesicht. Am Gipfel war es so diesig, dass man heute das Kreuz kaum sah. Nun war endlich die zweite Verpflegungsstelle erreicht. Leider gab es hier kein Cola, was mein Magen jetzt wohl am ehesten vertragen hätte. Dann also lieber ein Stück Orange in der Kälte (Vitamin C soll ja Erkältungen vorbeugen) und dann im hoffentlich warmen Tal einen meiner eigenen Rawbites.
Den breiten Fahrweg bis Brennes lief ich zusammen mit Roland und gab dann unserem Supporterteam meine Sonnenbrille ab. Irgendwie hatte ich das Gefühl, die heute nicht nochmal zu benötigen. Die Wege wurden wieder enger, die Oberschenkel schwer und ich musste Tempo rausnehmen. Am ersten Anstieg nach Ebensäge kam dann die Gewissheit, dass mein Blutzuckertank auf Reserve geschalten hatte. Ein Hungerast war genau das, was ich unbedingt vermeiden wollte. Nach und nach wurde ich nach hinten durchgereicht und fast die ganze Strecke bis Scheiben musste ich gehen, wobei es aber auch fast nur nach oben ging. Ich zwang mich zu einem Riegel und einem Gel. Endlich kam ich dann an der dritten Verpflegungsstation an. Vier Becher Cola, eine halbe Tafel Schokolade und eine Handvoll Nüsse waren genau die richtige Kombination in meinem Zustand.
Auf den zwei Kilometern hinauf zum Zwercheck war nicht an laufen zu denken. Im flotten Wanderschritt stieg ich Meter um Meter nach oben. Bei unserer Besichtigungstour war hier die schönste Stelle mit einem wunderbaren Ausblick auf den bereits absolvierten Höhenzug und nach Tschechien. Heute gab es leider nur Nebelsuppe. Nach einem Downhill von einem Kilometer erreichten wir eine Schotterstraße, die nun rund vier Kilometer leicht abfallend bis zum Fuß vom Osser führte. Für die Regeneration kam mir das sehr gelegen und langsam kam wieder richtig Kraft in die Beine. Dann ein scharfer Rechtsknick und nun hieß es nochmal zwei Kilometer Zähne zusammenbeißen. Der letzte Anstieg lag vor uns und ab dem Ossergipfel sollte es sich mit den Anstiegen erledigt haben. Langsam konnte ich Anschluss an eine Gruppe bekommen und entdeckte darin auch Vereinskollege Roland wieder. Zusammen erreichten wir dann den letzten Verpflegungspunkt. Zwei Becher Cola, ein paar Nüsse und ein Gel für unterwegs – das sollte locker bis ins Ziel reichen, zumal ich an VP3 ja ordentlich gebunkert hatte. “Roland, wie schauts aus? Weiter?” “Nein, lauf Du mal zu. Bergab kann ich Dich eh nicht halten”. Also ab und jetzt nur noch runter. Halt nein, der Kleine Osser noch und danach ja die Kletterpassage. Salomon Speedcross und nasse Felsen, das geht nicht recht zusammen. Höchste Vorsicht war geboten. Anschließend war dann aber Vollgas angesagt. Bereits beim Trainingslauf lag mir das Stück über die Osserwiese und weiter zur Wallfahrtskirche Maria Hilf.
Als ich gerade im flotten Galopp unterwegs war, auf einmal ein Schrei von hinten. Was ist jetzt? Achso, der erste Osserriese. Bis zur Kirche überholten noch zwei Kurzstreckler und ab ging es in den “Holy Trail”. Den folgenden Kilometer hatte dann aber der Teufel gesehen. Steil und eng bergab, der Weg teilweise überwachsen und ordentliche Stufen. Eigentlich superschön zu laufen, aber mit mehr als 50 Kilometern in den Beinen war es für mich ein Balanceakt am Limit, der dann prompt von einem Sturz unterbrochen wurde. Ohne größere Blessuren aber mit noch mehr Respekt war ich nun doch vorsichtiger unterwegs. Den nachfolgenden Läufern der Kurzstrecke war ich natürlich im Weg, aber dieses letzte Trailstück war auch fast zu Ende.
Als mich der Holy Trail dann wieder in den Wald ausspuckte, trabte plötzlich Wolfgang vor mir. Voll im Flow (Insider) flog ich regelrecht an ihm vorbei und versuchte an meinem Vordermann zu bleiben. Einmal noch quer über die Wiese und dann ab in die Ortschaft. Vorsicht Stufen, dann applaudierende Zuschauer, ein roter Teppich und Brian Johnson, der mich mit “You Shook Me All Night Long” regelrecht ins Ziel schrie. Alter – geht’s besser? Bei 7:13:33 blieb die Uhr für mich stehen, was Platz 116 im Einlauf der 390 Starter und Platz 38 in der Altersklasse ergab. In beiden Wertungen direkt hinter mir landete Wolfgang mit 7:14:31. Roland hatte vom Osser herunter entgegen seiner Befürchtungen doch kaum Zeit verloren und landete mit 7:15:46 auf Platz 119 (41. AK). Auch Christian kam mit 7:29:08 nur ein paar Minuten nach uns an und sicherte sich Platz 148, bzw. Platz 43 in seiner Altersklasse.
Mit uns unterwegs waren auch Sabine und Helga, die im Vorfeld höchste Bedenken zwecks der Cutoff-Zeiten hatten. Trotz ständigem Zuredens wollten die beiden unser aller Beteuerungen nicht glauben und hielten an ihrerm Minimalziel fest, das da hieß: “Nur nicht Bus fahren”. Als wir im Ziel vom Supporterteam dann den Zeitrückstand für Brennes gesagt bekamen, wurde uns aber doch ein wenig mulmig. 90 Minuten Rückstand zur Halbzeit verhieß nichts Gutes. Umso überraschter waren wir dann, als wir plötzlich die Namen der beiden vom Sprecher hörten. Nach 8:21:10 kamen sie gerade mal eine Stunde nach uns ins Ziel. Da hatte in Brennes jemand scheinbar die Uhr falsch abgelesen. Sabine landete bei den Frauen auf Platz 32 und Platz 11 in ihrer AK. Das Bus-Traum war überwunden. Erst recht Riesenfreude aber bei Helga, die völlig unverhofft in ihrer Altersklasse auf Rang 3 landete und unter den Augen vieler Zuschauer als Allererste aufs Treppchen gerufen wurde.
Fazit: Vor vier Wochen waren wir beim Altmühltrail. Die beiden Läufe dort waren ebenso perfekt organisiert wie der UTLW, doch was einfach den Unterschied ausgemacht hat, war das Flair und die Herzlichkeit der Veranstalter. Man hatte ständig das Gefühl, hier ist eine große Lauffamilie mit viel Freude am Werk. Man fühlte sich daheim. Vielen Dank für diesen unvergesslichen Tag!
Hey schön den Bericht vom UTLW hier zu lesen.
Seit meinem ersten Trail dem Zut diesen Jahres bin ich auch nur am gucken was alles so “laufbar” ist.
Glaub der UTLW kommt ganz mit nach oben!
Glückwunsch dir zum Finish in der Zeit bei dem Wetter!
Sportliche Grüße aus Berlin